Format: Artikel – Schreibfeder auf dem Tisch
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Erste Schritte bei einer Trennung

Autorin - Melanie Schüer

Wenn Eltern sich trennen, ist das eine ganz besondere Situation. Denn neben den eigenen verletzten Gefühlen und Zukunftssorgen, gibt es noch einen oder mehrere weitere kleine Menschen, deren Bedürfnisse eine große Rolle spielen. All das im Blick zu haben, ist schwierig – gerade in der ersten Zeit nach der Trennung. Damit du deinem Kind möglichst viel Stabilität geben kannst, findest du hier konkrete Tipps für erste Schritte. Dabei werden sowohl psychologische, organisatorische als auch rechtliche Fragen aufgeführt. Du findest wichtige Tipps für eine einfühlsame und faire Trennung.

Lesezeit: Etwa 11 Minuten
Mutter, Vater und ihre Söhne sitzen auf dem Sofa und sprechen ernst.

Trennung miteinander klären, bevor dein Kind einbezogen wird

Dein Kind sollte nicht von zwei völlig emotional aufgewühlten Eltern über die Veränderung informiert werden. Stattdessen ist es wichtig, die Trennung und die sich daraus ergebenden Folgen für euer Kind, vorab unter vier Augen zu besprechen.

Klärt dabei möglichst respektvoll und ruhig folgende Fragen:

  • Wie wollen wir Sorgerecht und Umgangsrecht regeln?
  • Wo soll euer Kind, zumindest in den nächsten Wochen, wann sein?
  • Wie wollen wir die Trennung finanziell gestalten? Anwälte, aber auch das Jugendamt, können den Unterhalt berechnen.
  • Wie und wann wollen wir unserem Kind die Trennung erklären? Unterstützung für ein gutes Gespräch für verschiedene Altersgruppen findest du im Folgenden.

Wenn es euch nicht gelingt, diese Fragen respektvoll miteinander zu besprechen, holt euch gerne Unterstützung. Mediator*innen oder Erziehungsberatungsstellen (Letztere sind kostenlos) können hier eine gute Hilfe sein.

Wie spreche ich mit meinem Kind über die Trennung?

Grundsätzlich solltet ihr als Eltern für dieses Gespräch eine ruhige Situation suchen und möglichst zusammen mit eurem Kind sprechen. Sprecht klar und konzentriert euch auf das Wesentliche. Betont, dass euer Kind nicht schuld ist an der Trennung – denn viele Kinder fragen sich früher oder später, ob sie die Trennung hätten verhindern können. Die Wortwahl und Detailtiefe sollte sich natürlich nach dem Alter deines Kindes richten.

 

Hier einige Formulierungshilfen:

 

Kleinkind – bis sechs Jahre

„Wir möchten dir etwas sagen. Mama und Papa streiten sich zu viel. Wir verstehen uns nicht mehr gut. Deshalb ist es besser, wenn Mama und Papa nicht mehr zusammen sind. Aber wir haben dich beide weiter genauso lieb. Wir bleiben beide deine Eltern.“

Macht hier gern eine Pause und wartet ein wenig ab. Schaut, welche Bedürfnisse euer Kind in diesem Moment hat. Lasst eurem Kind einen Moment Zeit, um zu verstehen was ihr gesagt habt. Vielleicht hat es Fragen, es beginnt zu weinen oder es wird wütend. Begleitet die Gefühle eures Kindes liebevoll.

„Mama und Papa werden bald nicht mehr zusammenwohnen. Deshalb suchen wir eine Wohnung und du bist dann manchmal bei Papa und manchmal bei Mama. Das besprechen wir dann alles noch. Aber du wirst uns beide weiterhin sehen. Und: Das alles ist nicht deine Schuld – du kannst nichts dafür! Das sind Probleme nur zwischen uns Erwachsenen. Und wir sind beide weiter für dich da.“

 

Grundschulkind – bis 10 Jahre

„Vielleicht hast du schon gemerkt, dass wir beiden Erwachsenen uns viel gestritten haben. Wir verstehen uns als Paar nicht mehr gut und wir haben es nicht geschafft, diese Probleme zwischen uns zu lösen. Deshalb möchten wir uns trennen. Das bedeutet, dass wir dann kein Liebespaar mehr sind. Aber wir werden beide weiter für dich da sein. Mama und Papa werden bald nicht mehr zusammenwohnen, aber du wirst uns beide weiterhin sehen können. Wir werden gute Lösungen finden, bei wem du wann wohnst. Das alles ist nicht deine Schuld. Es waren Streitigkeiten nur zwischen uns. Und wir haben dich beide weiter lieb und bleiben beide deine Eltern.“

 

Ältere Kinder und Jugendliche – ab 11 Jahre

„Es gibt etwas, das wir dich wissen lassen wollen. Wir haben seit einiger Zeit Probleme in unserer Beziehung als Paar. Wir verstehen uns nicht mehr gut miteinander und konnten diese Schwierigkeiten zwischen uns nicht lösen. Deshalb haben wir entschieden, uns zu trennen. Manchmal fragen sich die Kinder, ob es an ihnen liegt, wenn die Eltern sich trennen. Deshalb wollen wir dir ganz klar direkt sagen, dass das nicht so ist. Die Streitpunkte sind allein zwischen uns, du kannst nichts dafür. Und wir werden auch beide weiter als Eltern für dich da sein. Wir besprechen alle weiteren Schritte mit dir. Wir suchen gerade nach einer Wohnung und können gemeinsam überlegen, bei wem du wann bist. Auf jeden Fall wirst du uns beide weitersehen und wir haben dich beide weiter genauso lieb wie vorher.“

 

Gehe davon aus, bestimmte Aspekte öfter erklären zu müssen. Oft nehmen Kinder durch den ersten Schreck nicht direkt alle Informationen auf. Auch, dass dein Kind nicht schuld ist und, dass ihr beide weiter für es da seid, ist etwas, das du gerne immer wieder deutlich machen kannst. Mehr Informationen zu diesem Thema findest du in unserem Artikel Trennung erklären: So sagst du es deinem Kind einfühlsam und ehrlich.

Emotionale Unterstützung für dein Kind nach der Trennung

Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf eine Trennung. Gerade anfangs zeigen sie oft Anzeichen von Trauer, Wut, Verunsicherung, aber auch Verwirrung oder wirken anfangs gleichgültig. Manchmal machen sie einem Elternteil Vorwürfe oder verhalten sich aggressiv. All das sind normale Reaktionen auf eine Nachricht, die vieles verändert. Doch Kinder besitzen Resilienz – also Widerstandskraft, um auch schwierige Erfahrungen bewältigen zu können.

Als Eltern könnt ihr diese Resilienz stärken, indem ihr Folgendes beachtet:

  • Zeige Verständnis, lasse die negativen Gefühle deines Kindes zu und sei für es da.
  • Du kannst dein Kind in den Arm nehmen, wenn es das möchte. Biete gern immer mal wieder Umarmungen an. Tröste, ohne zu verharmlosen und nimm die Gefühle und Bedürfnisse deines Kindes ernst.
  • Beantworte Fragen geduldig und ehrlich. Ermutige dein Kind, sich bei Fragen oder Traurigkeit immer bei dir zu melden.
  • Nimm ablehnende Reaktionen und Aggression nicht persönlich.
  • Sei bemüht, Stabilität zu erhalten. Hierfür hilft es, Rituale möglichst beizubehalten oder mit neuen Routinen zu verbinden.
  • Sei zuverlässig und gib deinem Kind einen klaren Überblick, wie die nächsten Tage – bei älteren Kindern auch Wochen – verlaufen werden.
  • Schaffe positive Erfahrungen. Wenn möglich, lasst Humor zu. Dieser kann ein wenig Leichtigkeit bringen. Verlebt eine positive gemeinsame Zeit mit freundlicher Aufmerksamkeit und Wertschätzung – all das ermutigt und hilft, die neue Situation zu meistern.
  • Beziehe Erziehungsberatungsstellen und/oder die Kinderärzt*in ein, wenn dein Kind sehr belastet wirkt und du dich überfordert fühlst.

Nähere Informationen erhältst du in unserem Artikel Was macht eine Trennung mit einem Kind?

Sorgerecht und Umgangsrecht klären

Dies ist ein wichtiger erster Schritt nach einer Trennung mit Kind. Im Normalfall behalten beide Elternteile das Sorgerecht. Sollte sich das ändern oder nur ein Elternteil hat das Sorgerecht, haben trotzdem beide Eltern das Umgangsrecht – also das Recht, das Kind regelmäßig zu sehen. Die genaue Ausgestaltung könnt ihr als Mutter und als Vater untereinander klären. Wenn das nicht funktioniert, entscheidet das Familiengericht, was aber oft belastend für die ganze Familie ist. Daher empfiehlt es sich, vorher eine Einigung mithilfe einer Erziehungsberatungsstelle oder Mediation anzustreben. Lies unseren Artikel Rechtliche Tipps bei Trennung mit Kindern, wenn du weitere Informationen wünschst.

Wichtige finanzielle Schritte nach der Trennung – Der Kindesunterhalt

Wenn ein Elternteil mehr Einkommen hat als der andere, muss dieser möglicherweise Kindesunterhalt zahlen. Das hängt aber auch davon ab, bei wem dein Kind wie viel Zeit verbringt.

Unterschieden wird zwischen:

  • Barunterhalt – tatsächliche Geldzahlungen
  • Naturalunterhalt – Unterkunft, Kleidung, Essen usw.

Den Unterhalt kann das Jugendamt oder auch ein Anwalt berechnen. Orientierung bietet die Düsseldorfer Tabelle. Allerdings ist dies als Laie sehr schwierig zu überblicken und es lohnt sich, Fachleute zu fragen.

Wohnsituation regeln

Als Eltern solltet ihr möglichst ohne euer Kind miteinander klären, wer auszieht und was mit der gemeinsamen Unterkunft geschieht. Euer Kind sollte aber immer wissen, wann es wo wohnen soll. Spätestens ab dem Grundschulalter ist es wichtig, euer Kind bei dieser Entscheidung mit einzubeziehen – es darf ein Mitspracherecht haben. Auch bei kleineren Kindern sollten die kindlichen Bedürfnisse und Wünsche berücksichtigt werden. Ihr könnt eurem Kind erklären, dass sich manches erst noch klären muss, aber es sollte immer transparent sein, wann euer Kind in den nächsten Tagen bei welchem Elternteil sein wird. Manches muss erst auch in der Praxis erprobt werden – zu viele Änderungen in kurzer Zeit sollten möglichst vermieden werden.

Wie du den Alltag nach der Trennung strukturierst

Nach einer Trennung verändert sich der Alltag oft grundlegend. Umso wichtiger ist es, eine klare Struktur zu schaffen, die dir und deinem Kind Stabilität gibt. Mit kleinen, aber gezielten Schritten kannst du den neuen Lebensabschnitt meistern und eine Routine aufbauen, die für alle funktioniert.

Koordination von Schule, Betreuung und Freizeitaktivitäten

Es ist hilfreich, als Eltern gemeinsam über alle schulischen und freizeitbezogenen Termine eures Kindes zu sprechen und diese bei der Planung der neuen Wohnsituation zu berücksichtigen. Oft hilft es, klare Verantwortungsbereiche zu definieren, z. B. „Ein Elternteil kümmert sich um Arztbesuche, der andere Elternteil kümmert sich um alle Termine rund um den Sportverein“. Ein gemeinsamer online-Kalender (je nach Alter auch zusammen mit dem Kind) kann helfen, dass alle den Überblick behalten. Versucht euch bei Terminwünschen entgegenzukommen – jeder ist in bestimmten Situationen froh, wenn der andere einspringen kann.

Kommunikation zwischen den Eltern

Verbitterung und Verletzungen erschweren nach einer Trennung oft die Kommunikation. Doch versucht eurem Kind zuliebe, die Ebene als Paar und die als Eltern streng zu trennen. Haltet euch immer wieder innerlich vor Augen: Mit jeder weiteren Streitigkeit schadet ihr eurem Kind. Selbst dann, wenn es diese nicht direkt mitbekommt. Deshalb versuche, dich bei Ärger und Wut erst einmal zu beruhigen. Dann kommuniziere so ruhig, sachlich und respektvoll mit deinem Ex-Partner*in, als würde dein Kind zuhören.

Zeit mit beiden Elternteilen planen

Auch wenn du deinen Ex-Partner*in vielleicht am liebsten aus deinem Leben verbannen würdest – für dein Kind ist es jedoch anders. Dein Kind liebt beide Eltern und würde sehr darunter leiden, einen Elternteil zu verlieren. Deshalb bemühe dich auch um eine faire, für alle Seiten gute Zeitaufteilung. Bezieht die Wünsche eures Kindes ein und bleibt flexibel, wenn diese sich manchmal ändern. Das ist normal, denn vieles muss erst einmal erlebt werden, um es einschätzen zu können.

Selbstfürsorge in der Trennung – Wie du gut für dich sorgst

„Einem Kind geht es nie besser als seinen Eltern“ sagte mal ein kluger Mensch und da ist was dran. Kinder spüren sehr deutlich, wie es ihren Eltern geht – auch wenn sie sehr bemüht sind vorzuspielen, dass alles in Ordnung sei. Außerdem braucht es Kraft, für ein Kind da zu sein. Daher ist es kein Luxus, sondern unbedingt nötig, dass du sehr gut auf deine Stressbewältigung achtest. Organisiere dir Gespräche – privat oder fachlich – und andere Aktivitäten, die dir guttun und dir helfen, die Trennung zu verarbeiten. Lebensberatungsstellen wie z. B. (www.dajeb.de) können eine gute Anlaufstelle sein.

Wie du dir ein unterstützendes Netzwerk aufbaust

Eine Trennung allein zu bewältigen, kann überwältigend sein. Deshalb ist es wichtig, dass du dir Unterstützung suchst – sei es durch professionelle Beratung oder den Aufbau eines starken Netzwerks bestehend aus Freunden und Familie. Gemeinsam könnt ihr die Herausforderungen besser meistern und einen stabilen Alltag für dich und dein Kind schaffen.

 

Professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen

Streitet nicht zu lange, wenn ihr merkt, dass ihr zu zweit keine Lösung findet. Bezieht Erziehungsberatungsstellen, den Fachdienst Jugend oder Mediation ein. Es macht einen erstaunlichen Unterschied, wenn eine neutrale Person mit am Tisch sitzt, die beide Positionen berücksichtigt! Und oft reichen schon ein bis zwei Termine, um neue Perspektiven und Lösungsideen zu entwickeln.

 

Netzwerke nutzen

Sei nicht zu stolz, um Hilfe zu bitten – zum Wohle deines Kindes, denn es spürt den Stress seiner Eltern! Schau', ob du Familie oder Freunde bitten kannst, euch zu unterstützen, z. B. bei der Kinderbetreuung, damit du mal einige Zeit zum Durchatmen hast. Auch deinem Kind wird es guttun, Zeit mit jemandem zu verbringen, der gerade nicht inmitten einer Trennung steckt.

 

Häufige Konfliktpunkte

Nicht immer verlaufen Trennungen einvernehmlich. Manchmal sind die Auffassungen darüber, wo das Kind wohnen soll, wie der neue Alltag strukturiert werden soll, wer im Haus bleiben darf, welche Unterhaltsregelung fair ist, etc., sehr gegensätzlich. Manche Menschen machen aus Bitterkeit ihrem Ex-Partner*in das Leben so schwer wie möglich, ohne zu bemerken, wie sehr sie damit ihrem Kind schaden. Hinterfrage dich selbst auch immer wieder, ob du dazu neigst, denn oft bemerken wir solche Tendenzen bei uns selbst gar nicht oder erst spät.

 

Externe Unterstützung suchen

Studien zeigen, dass Kinder unter Trennungen vor allem dann sehr leiden, wenn diese mit viel Streit zwischen den Eltern verbunden sind. Das heißt: Friedliche Lösungsfindung schont nicht nur die elterlichen Nerven, sondern kommt auch ganz direkt dem Kind zugute. Anwälte können Rechtsberatung leisten, stehen aber immer auf einer Seite. Das kann die Fronten verhärten, deshalb ist ein zu früher Gang zum Anwalt nicht empfehlenswert. Mediation ist oft sinnvoller, wenn es darum geht, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Dein Kind im Fokus behalten

Es kann nicht oft genug gesagt werden: Behaltet bei allen verletzten Gefühlen und allem verständlichen Ärger immer das wohl eures Kindes im Auge. Macht dieses zur obersten Priorität. Rechthaberei, Rachegefühle und ähnliche nachvollziehbare Motive sollten immer hinterfragt und dem Wohlergehen eures Kindes untergeordnet werden. Sieh' es als Erfolg, wenn du trotz unangemessenem Verhalten deines Ex-Partner*in ruhig und freundlich bleibst – nicht deinem Ex-Partner*in, sondern deinem Kind zuliebe. Mehr Tipps gibt es in unserem Artikel Wie kann ich die Kommunikation mit meinem Ex-Partner*in verbessern?

Fazit

Eine gute, altersgemäße Kommunikation mit deinem Kind, Verständnis für heftige Reaktionen deines Kindes, Klarheit in organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Fragen – das sind wesentliche erste Schritte nach einer Trennung mit Kind. Eine Trennung ist eine extrem herausfordernde Situation, die viele Fragen aufwirft. Daher ist es völlig normal, wenn du das nicht alles allein schaffst. Eine möglichst ruhige und friedliche Klärung hilft eurem Kind enorm – deshalb holt euch Hilfe von Erziehungsberatungsstellen, dem Jugendamt oder Mediator*innen, wenn es schwierig wird.