Format: Tipps – Frau mit Buch
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Picky Eater: Strategien für wählerische Esser

„Ich mag aber kein Gemüse!“ „Ich hab keinen Hunger!“ „Ich will lieber spielen!“ Kennst du diese Situation? Als Elternteil kann es manchmal eine echte Herausforderung sein, wenn dein Kind als "Picky Eater" gilt. Kinder, die wählerisch beim Essen sind, lehnen oft bestimmte Lebensmittel ab oder essen nur eine sehr begrenzte Auswahl an Speisen. Doch keine Sorge – du bist nicht allein, und es gibt viele Wege, wie du deinem Kind helfen kannst, ein gesundes und abwechslungsreiches Essverhalten zu entwickeln.

Lesezeit: Etwa 7 Minuten
Kleines Mädchen isst Gemüse mit der Hand

Was ist ein "Picky Eater"?

Ein "Picky Eater" ist ein Kind, das beim Essen besonders wählerisch ist. Diese Kinder essen oft nur eine begrenzte Anzahl von Lebensmitteln, sind misstrauisch gegenüber neuen Speisen und können sehr empfindlich auf bestimmte Texturen und Geschmäcker reagieren. Diese Phase tritt häufig im Kleinkindalter auf, kann aber auch bei älteren Kindern anhalten.

Warum ist mein Kind immer nur das Gleiche?

Viele Eltern fragen sich, warum ihr Kind ständig dasselbe isst. Dieses Verhalten ist bei "Picky Eatern" nicht ungewöhnlich. Kinder finden in bestimmten Lebensmitteln oft Sicherheit und Komfort, besonders wenn sie mit neuen oder stressigen Situationen konfrontiert sind. Das ständige Essen derselben Speisen gibt ihnen ein Gefühl von Kontrolle. Außerdem bevorzugen Kinder häufig vertraute Geschmäcker und Texturen, die ihnen gefallen, und sind weniger geneigt, Neues auszuprobieren.

Warum isst mein Kind plötzlich nicht?

Es kann beunruhigend sein, wenn dein Kind plötzlich aufhört zu essen oder weniger Appetit zeigt. Es gibt verschiedene Gründe, warum Kinder plötzlich weniger essen:

  • Krankheit oder Unwohlsein: Eine Erkältung, Magenprobleme oder Zahnungsbeschwerden können dazu führen, dass ein Kind weniger isst.
  • Wachstumsphasen: Kinder durchlaufen Wachstumsphasen, in denen sie mehr oder weniger Appetit haben. In Zeiten geringerem Wachstums kann der Appetit abnehmen.
  • Emotionale Faktoren: Stress, Veränderungen im Alltag oder Probleme in der Schule können ebenfalls Einfluss auf den Appetit deines Kindes haben.

Hilfe, mein Kind isst kein Gemüse

Die Evolutionsbiologie liefert uns eine Erklärung, warum einige Kinder kein Gemüse mögen. Der Mensch hat eine Vorliebe für „süß“. Denn süß schmeckende Lebensmittel haben eine hohe Energiedichte und liefern deshalb schnelle Energie. Säuglinge und Kleinkinder sind auf schnell verfügbare Nahrungsenergie aus dem Essen angewiesen. Denn sie haben noch keine großen Reserven. Da Gemüse wenig Energie (=Kalorien) hat, liefert es also keine schnelle Energie. Und außerdem schmeckt es nicht süß, sondern oft leicht bitter. Man könnte also sagen, dass das Kind „Recht hat“, wenn es lieber Nudeln, Käsebrot oder Frikadellen essen möchte statt Gemüse. Jedenfalls aus Sicht der Evolutionsbiologie. 

Gemocht wird, was auf den Tisch kommt

Das Kind muss also auf den Geschmack kommen, es muss Gemüse „mögen lernen“. Dieses Lernen beginnt schon in der Schwangerschaft. Und zwar durch das, was die werdende Mutter isst. Denn diese ersten Erfahrungen über das Fruchtwasser und die Nabelschnur führen dazu, dass das ungeborene Kind verschiedene Geschmackseindrücke bekommt. Aromastoffe aus Gemüse gelangen auch in Muttermilch. Wenn Kinder also nach der Geburt gestillt werden, bekommen sie mehr Aromastoffe als über standardisierte Flaschennahrung. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Kinder automatisch Gemüse mögen werden, wenn es an das eigene Essen geht.  Wenn allerdings ein Säugling oder ein Kind etwas immer wieder angeboten bekommt, wird es mit der Zeit lernen, das zu mögen. Alle Eltern kennen den Spruch: „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt“. Darin steckt ein wahrer Kern – wenngleich der Satz aus pädagogischer Sicht natürlich nicht mehr zeitgemäß ist. Heute müsste er lauten: „Gemocht wird, was auf den Tisch kommt“.

Hilfreiche Tipps für Eltern von „schlechten Essern“

Wir haben euch einige Tipps zusammengestellt, die ihr einmal ausprobieren solltet. Vielleicht klappt nicht alles – und schon gar nicht sofort – aber, wie heißt es so schön: Versuch macht klug!

  • Ermutige dein Kind ein neues Lebensmittel zu probieren. Wenn es nicht probieren will, bleibe gelassen. Versuche es nicht mit überreden, argumentieren oder vielleicht sogar zwingen. Probiere es einfach ein anderes Mal wieder.
  • Lass dein Kind das Menü mit auswählen und beziehe es in den Einkauf und in die Zubereitung ein. Kleine Kinder mögen es gern, beim Aufdecken zu helfen und alles schön zu gestalten.
  • Achte auf geregelte Tischzeiten und eine angenehme Atmosphäre beim Essen.
  • Wenn es aufhört zu essen, frage es freundlich 1-2 mal, ob es fertig ist oder noch etwas essen möchte. Respektiere dann, wenn es ablehnt.
  • Setze Essen nicht als Belohnung ein, z.B. es gibt nur dann Nachtisch, wenn das Gemüse gegessen ist. Wenn Nachtisch vorgesehen ist, darf das Kind den Nachtisch essen, egal ob es vorher Gemüse gegessen hat oder nicht. Wie viel Nachtisch es gibt, das hast du vorher schon entschieden.
  • Es ist eine gute Idee, das Kind zu loben, wenn es sich beim Essen gut verhalten hat. Jedoch nicht dafür, was und wie viel es gegessen hat. Sondern dafür, wie gut es schon mit dem Löffel oder dem Besteck umgehen kann oder dass es ruhig am Tisch sitzen kann. Essen selbst ist keine Leistung.
  • Erlaube keine abwertenden Kommentare (z.B. „Igitt“ oder „schon wieder Hasenfutter“). Denn du hast Zeit und Mühe aufgebracht mit der Zubereitung. Und denjenigen, denen es schmeckt, wird sonst der Appetit vergehen bei solchen Kommentaren.
  • Gib kein Essen außerhalb von Mahlzeiten, damit das Kind „überhaupt irgendetwas isst“. Es wird damit seinen kleinen Magen füllen und bei der nächsten Mahlzeit keinen oder nur wenig Hunger haben. Wenn es kurz nach dem Essen kommt und hungrig ist, verweise freundlich und bestimmt auf die nächste Mahlzeit und dass es bis dahin warten muss.
  • Ist dein Baby ein Gemüsemuffel? Dann starte bei der Beikost am besten mit süßlich schmeckenden Gemüsesorten, wie z.B. Karotten, Pastinaken oder Erbsen. Mit der Zeit können weitere Gemüsesorten dazu gemischt werden
  • Stellt dein Kind schon bei dem Wort „Obst“ auf stur? Dann probiere es mal mit Phantasie-Namen wie Prinzessinnenbrei, die zum Probieren verführen. Kleinen Kindern kann man eine leckere Pfannkuchensoße anbieten – die wird viel eher gegessen als Apfelmus. Früchte lassen sich prima in Püree verwandeln und dies verschwindet in Quark oder Milchreis. Im Tiefkühlfach wird es zu leckerem Eis. Auch Shakes und Marmeladen werden eher gegessen.
  • Du kannst auch eine neue Gemüsesorte unter etwas Bekanntes mischen, zum Beispiel in eine Suppe oder in einen Auflauf. Wenn dein Kind einen sehr empfindlichen Geschmackssinn hat, dann fange mit sehr kleinen Mengen an und steigere sie langsam. So kann es sich mit der Zeit daran gewöhnen
  • Bitter schmeckende Gemüsesorten wie Rosenkohl oder ähnliches schmecken milder, wenn man sie mit Milchprodukten kombiniert, also z.B. mit Käse überbackt oder mit einer Bechamelsauce (Mehl-Butter-Milch) serviert.
  • Süßes wertet auf: Kinder mögen oft süß-saure Rohkost aus geriebenen Äpfeln und Karotten (mit Zitronensaft und Honig) oder Salat mit Nüssen und Trauben.
  • Kleine Portionen und Finger-Food steigern den Appetit. Ein Joghurt-Dip macht Gurke, Karotte oder Kohlrabi zu gesunden Knabberkram. Und Essen mit Fingern ist immer eine beliebte Aktion.
  • Das Wichtigste ist, dass neue Lebensmittel immer wieder angeboten werden. In der Literatur werden 10 bis 15 „Kontakte“ (Wiederholungen) genannt, bis der neue Geschmack akzeptiert wird. Es bedeutet auf jeden Fall, dass man als Eltern Geduld aufbringen muss.
  • Geh als Elternteil mit gutem Beispiel voran! Wer selbst gerne und oft Gemüse, Rohkost oder Salat isst, zeigt den Kindern auf diese Art und Weise, dass das etwas Leckeres ist.

Wo bekomme ich Hilfe?

Wenn du dir dauerhaft Sorgen um das Essverhalten deines Kindes oder über sein Gewicht machst, dann beraten wir dich gerne per E-Mail. Stell uns einfach deine Frage über unser Online-Formular.

Du kannst dich auch an eine/n Ernährungsberater/in wenden. Geeignete Adressen findest du im Expertenpool des Berufverbands der Oecotrophologie.

Wann muss ich zum Arzt, wenn mein Kind nicht richtig isst?

Auch wenn Kinder wenig essen und bestimmte Lebensmittel bevorzugen, sind sie meist nicht mangelernährt. Wer unsicher ist, sollte eine Woche lang ein genaues Ernährungsprotokoll führen. Oft stellt sich dann heraus, dass die Kinder doch vieles zu sich nehmen, etwa Milch oder Saft, die ja auch bestimmte Vitamine liefern.

Wenn du bemerkst, dass dein Kind über einen längeren Zeitraum hinweg nur sehr wenig isst oder bestimmte Lebensmittelgruppen vollständig meidet, könnte es ratsam sein, einen Arzt aufzusuchen.

Ein Arztbesuch ist besonders dann wichtig, wenn dein Kind:

  • Gewicht verliert oder nicht zunimmt,
  • Anzeichen von Mangelerscheinungen wie Müdigkeit, blasser Haut oder Haarverlust zeigt,
  • anhaltend Nahrung verweigert oder sehr eingeschränkt isst.
  • Ein Kinderarzt kann feststellen, ob es medizinische oder psychologische Gründe für das Verhalten gibt und gegebenenfalls eine Ernährungsberatung empfehlen.

Fazit

Es ist uns bewusst, dass diese Tipps keine Garantie für problemloses Essen sind. Aber sie werden helfen, dieses „heiße“ Thema etwas zu entschärfen. Kinder haben immer wieder Phasen, in denen sie gut essen und dann wieder Phasen, wo es schlechter läuft. Manchmal kommt es vor, dass Kinder plötzlich kein bestimmtes Obst oder Gemüse mehr essen wollen, obwohl sie es vorher gerne gegessen haben. Oft wissen sie selbst nicht, warum das so ist, oder können es nicht erklären. Akzeptiere, dass Kinder manchmal andere Vorstellungen vom Essen haben als Erwachsene. Es geht darum, geduldig und gelassen zu bleiben und die Zeit für sich arbeiten zu lassen.